Dienstag, 22. Juni 2010

Tansania und die WM


Für Fussball Bewegt ist der folgende Beitrag entstanden. Täglich werden dort Beiträge über die Wahrnehmung der WM in verschiedenen Ländern der Welt veröffentlicht.

Selbst bei größter Hitze verbringen so manche Tansanier ihre Freizeit gerne auf dem Fußballfeld. Jede halbwegs freie Fläche, ob Strand oder Lehmboden, kann dabei als Fußballfeld dienen. Der Erfindungsreichtum hört bei der Wahl des Feldes nicht auf. Auch das Zubehör ist meist aufs kreativste zusammengebastelt. Da wird aus ein paar alten Seilen und Ästen ein Tor gebaut, ein Volleyball, Basketball oder beliebiger runder Gegenstand zum Fußball umfunktioniert und schon kann es losgehen.



Bei solcherlei Begeisterung für den Sport, ist es nicht verwunderlich, dass hierzulande die WM rege mitverfolgt wird. Wer keinen eigenen Fernseher hat oder kein Pay-TV-Abo kaufen konnte, begibt sich zu einer der zahlreichen Open Air-Kneipen. Diese bestehen meist aus einem umgebauten Schiffscontainer mit vielen bunten Plastikstühlen davor. Die größeren haben extra zur WM eine Leinwand aufgebaut, die kleineren einen Mini-Fernseher aufgestellt. Abends nach der Arbeit trifft man sich dort. Man schaut die Spiele gerne gemeinsam und verspeist dabei das populäre Nyama Choma. Das ist gegrilltes Rind- oder Ziegenfleisch, gerne vom Kopf des Tieres entnommen. Als Beilage wird Reis, Chipsi (Pommes Frites) oder Ugali (Gries in Wasser gekocht) serviert. Und die Getränke? Bevorzugt greift der Tansanier zum Bier, wobei die Qualitätsmarken Serengeti, Kilimanjaro und Safari zumindest in der Stadt die lokalen Gebräue (z.B.Bananenbier) verdrängt haben.


Tückisch für manchen nicht-Tansanier sind die Zeitangaben: Es gibt hier eine eigene Swahili-Zeitrechnung, wobei die Swahili-Zeit der „westlichen“ um sechs Stunden hinterher hinkt. Man muss dementsprechend aufpassen, dass man die Spiele nicht verpasst. Eine weitere Tücke ist, dass der Strom hier sehr gerne und oft ausfällt, was dem Fußballschauen ein jähes Ende bereitet, sofern man sich nicht in einem Luxushotel oder Restaurant mit Generator befindet.
Da man die eigene Mannschaft nun leider nicht anfeuern kann, üben sich die Tansanier in internationaler Solidarität. Bevorzugt mit den afrikanischen Mannschaften; in geringerem Maße mit der englischen, da die Premier League hierzulande sehr intensiv übertragen wird; manche auch mit dem Team aus Brasilien, das kurz vor dem WM freundlicherweise hier in Dar es Salaam gastierte (die tansanische Mannschaft wird von einem Brasilianer trainiert) und sich mit einem 5-1 zufrieden gegeben hat. Von den Deutschen kennt man allenfalls Ballack, Kahn (leider beide nicht dabei), Klose und Schweinsteiger.


Beim Torjubel kann sich der Tansanier in Sachen Ekstase nicht mit anderen Völkern messen. Anstatt ausufernder Freudentänze wird meistens nur zufrieden gebrummt. Umgekehrt halten sich Trauer und Schmerz auch beim Scheitern in Grenzen. Die Tansanier sind eben Härteres im Leben gewohnt…

Sonntag, 20. Juni 2010

Gespräche mit Fremden: Polizeikontrolle

Nachmittags an der Kreuzung vor dem Büro:
Ein Polizist tritt mitten auf eine dreispurige stark befahrene Straße, um mich herauszuwinken. Ich muss anhalten.

Polizist: "Sie sind bei rot über die Kreuzung gefahren. Das ist ein schwerwiegendes Vergehen."
Ich, unsicher: "Oh, ich habe nicht bemerkt, dass die Ampel schon rot war. Hinter mir sind noch zwei Autos über die Kreuzung gefahren. Tut mir leid."
Polizist, streng: "Es war aber schon rot. Das ist ein schwerwiegendes Vergehen."
Ich, ängstlich: "Ok. wie gesagt, es tut mir leid."
Polizist: "Was machen wir jetzt?"
Ich schaue ihn fragend an. Soll ich ihm jetzt eine Strafe vorschlagen?!
Ich: "ich weiss nicht. Es tut mir wirklich SEHR leid."
Polizist: "Sie müssen mit aufs Revier." Rüttelt dabei an meiner verschlossenen Autotür herum.
Ich, mache keinerlei Anstalten die Tür zu öffnen: "Wenn es sein muss... Wo muss ich hinfahren"
Polizist: "Lassen sie mich einsteigen, ich zeige ihnen dann den Weg."
Ich, langsam verzweifelt: "Nein, ich kann Sie nicht einsteigen lassen. Sagen sie mir, wo ich hinmuss und wir treffen uns dort."
Polizist: "Wir müssen zusammen aufs Revier fahren, warum machen sie die Tür nicht auf?"
Ich: "Nein, das ist zu gefährlich. Ich nehme grundsätzlich niemanden mit."
Polizist fragt wieder mehrmals, wass wir denn jetzt machen sollen. Ich zucke die Schultern.
Polizist verlangt schließlich 20.000 Shillinge Strafe. Ich habe absolut kein Geld dabei und zeige ihm mein leeres Portmonaie.
Polizist: "Dann müssen sie eben doch aufs Revier. Es ist gleich da drüben"
Ich: "Ok, dann fahre ich jetzt dorthin."
Polizist, rüttelt wieder an meiner Tür: "Nehmen sie mich bitte mit. Ich muss jetzt zurück zum Revier."
Ich: "Aus sicherheitsgründen kann ich wirklich niemanden mitnehmen."
Polizist: "Ich verstehe das. Es ist zu gefährlich. Ich schlage eine Lösung vor: Sie dürfen weiterfahren, wenn sie mich zur Tankstelle mitnehmen. OK?"
Die Tankstelle befindet sich 30 Meter weiter. Eigentlich eine halbe Minute Fußweg. Und 10 Sekunden Autofahrt. Ich erwäge meine Möglichkeiten.
Ich: "Na gut, aber dann steigen sie gleich wieder aus."
Polizist steigt freudestrahlend ein und schnallt sich an. Wir fahren los, mir ist etwas mehr als nur mulmig. Nach 30 Metern halte ich an.
"So, da wären wir." sage ich
Polizist freut sich über die kurze Fahrt. Steigt aber nicht aus.
"Danke fürs Mitnehmen! Das war nett."
Ich, wartend: "Bitte. Auf Wiedersehen. Ich muss jetzt weiterfahren... der Stau, wissen sie."
Polizist: "Also, wie wäre es mit einem gemeinsamen Lunch morgen?"
Ich lehne dankend ab und darf schließlich weiterfahren.

Abendliche Kreuzfahrt auf dem Indischen Ozean


Mit großer Vorfreude gingen wir an Bord des wunderschönen Segelschiffes. Die tansanische Telekommunikationsfirma Zantel lud zu einer "Sunset Cruise" ein. Mit DJ, Seafood-Buffet und abendlichem Schwimmen im Ozean. Geschwommen sind nur die ganz Mutigen, die sich getraut haben vom Schiff ins Wasser zu springen. Ins halbdunkle Wasser. Die Höhe entsprach etwa einem Zehn-Meter-Brett.

Den übrigen Teilnehmern blieb nichts anderes übrig, als die geniale Atmosphäre an Bord zu genießen und sich ein wenig wie einer der Darsteller in einer bestimmten Bierwerbung zu fühlen. Ich muss unbedingt nochmal segeln gehen. Oder erst mal segeln lernen.

Kleine Friedhofslöwen


Manchmal lohnt es sich ganz früh aufzustehen. Auch am Sonntag. Es bot sich dieser seltsame Anblick. Eine Katzenfamilie hatte es sich in einem der Graeber vor unserem Haus gemuetlich gemacht. Neues Leben und Tod waren auf diese kuriose weise kurz vereint.

Tetanusgefahr: Rostiger Nagel im Fuß


Das Vermessen einer alten Lagerhalle kann ein sehr gefährlicher Job sein, wie ich kürzlich erfahren musste. Früh morgens fuhren Kollege N. und ich, bewaffnet mit einer Thermoskanne Tee und antiken Messgeräten hinaus zur Lagerhalle. Kollege N., bereits geschwächt von Malaria aber nach eigener Aussage trotzdem arbeitsfähig, lehnte sich kraftlos gegen das alte Gemäuer und schloss kurz die Augen. Ich sah mich gezwungen, einige Warnhinweise an den Mann zu bringen: Bitte vorsichtig bewegen, genau hinschauen wo du hintrittst. Es liegen so einige rostige Nägel hier herum, Tritt bloß nicht rein!



Vielleicht hätte ich mir selber mal zuhören sollen. Vielleicht hätte ich statt Flip Flops Sicherheitsschuhe anziehen sollen. Vielleicht wäre es besser gewesen, nicht rückwärts zu laufen…


Zu Spät. Ein kleiner Schritt nach hinten und schon steckte dieser schöne Nagel tief in meinem Fuss. Locker durchdrang er die weiche Sohle der Flip Flops, verlor dabei leider kein bisschen von seinem Rost. Wer jetzt denkt, dass das wehgetan haben muss, liegt falsch. Der Fuss ist ein flexibles Gebilde, sagte die Ärztin später. Es tat also nicht weh, blutete aber wie verrückt. Ich habe mithilfe des Verbandskastens im Auto die Wunde verbunden und fuhr dann (fast 3 Stunden später) sofort in die Klinik. Dort hat man mir ein Antibiotikum verschrieben und einen Tetanusspritze verabreichen wollen. Letztere habe ich abgelehnt, weil ich sicher war, bereits gegen Tetanus geimpft worden zu sein. Danach entstand etwas Chaos, weil ich beim Verbinden des Fußes ohnmächtig wurde. Abends zu hause angekommen, stellte ich google sei dank fest, dass man 3 Tetanusimpfungen braucht, um einen vollständigen Schutz zu haben. Ich hatte nur eine. Die nächsten drei Tage verbrachte ich in großer Angst. Immer darauf achtend, ob meine Gesichtsmuskeln noch beweglich sind, ob die Arme nicht schon paralysiert sind. Währenddessen verheilte die Wunde entzündungsfrei. Inzwischen nehme ich sie gar nicht mehr wahr. Tetanus bricht normalerweise nach 3 Tagen aus, manchmal nach einer Woche, nach 6 Wochen oder auch nach einigen Monaten. Ich hoffe das Beste.
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