Dienstag, 21. April 2009

Arusha

Der angekündigte Osterurlaub ist überstanden. Meine Gesundheit, Fitness und Geduld wurden während dieser wenigen Tage herausgefordert (ich schreibe das hier schniefend in einen Schal gehüllt, mit Halsbonbon im Mund). Der Hinflug mit der tansanischen Airline Precision Air war angenehm und hat nur etwas mehr als eine Stunde gedauert. Wir hatten Glück, dass P.s Chef mit an Board war und uns anschließend in seinem Mietwagen zu der Kaffeeplantage in der sich unsere Lodge befand gefahren hat. Die Moivaro Coffee Lodge besteht aus kleinen Häuschen, großzügig in der Plantage verteilt und mit Kamin ausgestattet. Da es in Arusha recht kühl werden kann, besonders Abends, ist der Kamin nicht nur schönes Beiwerk, sondern tatsächlich notwendig. Wir haben ihn allerdings nicht anbekommen. Das Holz war zu nass. Die Stadt Arusha ist ein wichtiger Ausgangspunkt für allerlei Safaris und Unternehmungen im Norden von Tansania. Schön ist sie jedoch nicht. Wir haben trotzdem beschlossen eine Stadtbesichtigung zu machen, um die Touren zu organisieren und etwas zu essen zu finden. Nach einem recht kurzen Spaziergang die Hauptstraße entlang, kehrten wir im Museumscafe ein, um zu verschnaufen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Kurz vor dem Ziel trat ich in einen Kaktus mit sehr langen Stacheln. Die Kaffeepause fiel dann etwas länger aus, zwei der Stachel stecken noch heute in meinem Fuß. Für Tipps zur Stachelentfernung bin ich sehr dankbar.

Nun schon etwas angeschlagen begann ich am nächsten Tag den Dorfspaziergang in einem 4000 Seelen Dorf namens Ingeresi. Kann ja nicht so groß sein so ein Dorf, dachten wir zunächst und wurden eines besseren belehrt. Die Siedlung erstreckte sich über gefühlte zig Quadratkilometer und unzählige Hügel um den Mount Meru herum. Wir sahen die Schulen, die Felder, die Kühe, die Kirche, die Wasserstelle und aßen im Haus des Bürgermeisters zu Mittag. Danach ging es weiter zum Wasserfall, quer durch die Plantagen, einen schlammbedeckten Hügel hinunter, den wir mehr hinunterfielen als gingen. Henry war unser Guide, begleitete uns den ganzen Tag und beantwortete 1 Million Fragen. Die Füße in Wollsocken gehüllt, immer ein aufmunterndes Wort auf den Lippen, wenn wir nicht mehr weiter konnten. Verwundert über unsere „gute Haut“ die nicht rot zu werden schien wie er es von seinen anderen Gästen gewohnt war. Auf dem Weg immer wieder Kinder, einzeln, in Gruppen, in Kangas auf dem Rücken ihrer Mütter festgebundene Babys. So viele, dass sie mindestens 80 % der Dorfbevölkerung ausmachen müssten. Die meisten fröhlich und dreckig, begierig ein Foto von sich auf dem Display meiner lädierten Kamera zu sehen. Zu sehen, wie der neu eingeübte Kopfstand aussieht oder die kleine Schwester auf den schultern balanciert. Waaaazuuuuuuungu! Riefen sie, sobald wir auch nur in Sichtweite waren. Wenn wir sie dann erreichten oder sie uns, sagten sie brav good morning, auch am Mittag und Nachmittag. Die kleinsten hatten furchtbare Angst, schauten uns mit großen misstrauischen Augen an. Ein Mädchen fing so bitterlich an zu weinen als sie uns sah, als hätte sie den Teufel persönlich erblickt und gleich würde ihr schreckliches geschehen. Mzuuunguuu! Kam also von allen Seiten, mal fröhlich und mal voller Furcht.

Besonders aufschlussreich war der Einblick in eine traditionelle Maasai-Behausung. Die Arusha-Maasai haben sich im Laufe der Jahrhunderte, Jahrzehnte von Nomaden zu Bauern entwickelt und halten Rinder, Ziegen und Schafe, bauen Yams, Kaffe und Bananen an. Die Rundhäuser in denen sie leben beherbergen nicht nur die Menschen sondern auch ihr wertvollstes Gut: die Rinder. Über einen kleinen Vorraum, in dem die männlichen Kinder zusammen auf einer Art Pritsche schlafen, kommt man in den Hauptraum in dessen Mitte sicht eine kleine Kochstelle befindet. Rundherum die Rinder (In unserem Fall eine Kuh und ihr nur wenige Tage altes Kalb) samt ihrer Futtertröge. Hinter einer Bananenblattwand eine weitere größere Pritsche: Das Nachtlager der Mutter und aller Töchter. Etwa ein Viertel des Platzes gehört den Menschen, drei Viertel den Tieren und das Ganze auf nur 15 Quadratmetern.

Am späten Nachmittag in einer sogenannten Lounge bei einer Schale sättigender aber geschmackloser Nudeln dann die Entdeckung: Meine kaputte Kamera ist weg. Unauffindbar. Auch nach 3 Stunden Suche und „rewalking the village walk“ inklusive Henry, der schon fast zu hause war und dann umkehrte um mit uns zu suchen. Damit sind auch die 1000 vielleicht brauchbaren Fotos verschollen, die unterwegs entstanden sind. 800 davon von Kindern. Beim Wasser tragen, Schafe hüten, Kekse essen (von P. gerecht verteilt). Die anderen 200 zeigten spektakuläre Bergpanoramen, Wasserfälle und Mzungus (M.+P.) beim Hügel hinunterrutschen. All das werdet ihr also nicht sehen.

Die eigentliche Tragik des Kameraverlustes erschloss sich jedoch erst am nächsten Tag. Der Arusha-Nationalpark im Morgennebel begrüßte uns mit seinen wunderschönen Landschaften. Es ist zwar einer der kleineren Parks und es gibt keine Raubkatzen aber landschaftlich ist es der interessanteste. Gleich am Eingang viele, viele Giraffen. Wir bleiben stehen und staunen, wie unbeirrt sie Akazienblätter fressen trotz der Dornen dazwischen. Das erinnert mich wieder an meinen kaktusstacheldurchwirkten Fuß…

Wir genießen den Moment ohne Linse vor dem Auge. Beobachten Büffelherden, erspähen Affen und Warzenschweine, schauen auf den See voller Pelikane und versuchen den Geruch des Salzwasserschlamms zu ignorieren. Die Tatsache, dass es keine Raubkatzen/Raubtiere gibt in diesem Park, hat den Vorteil, dass man auch zu Fuß laufen kann und nicht immer im Auto sitzen muss. Beflügelt vom Village Walk machen wir uns auf, um 2 Stunden durch kleine Teile des Parks zu wandern. Ein Ranger begleitet uns. Etwas beunruhigt sind wir schon angesichts des mitgeführten Gewehrs, werden aber beschwichtigt. Der Guide, zwar ohne Waffe aber mit Daunenjacke und Tierbüchern ausgestattet, bemüht sich sehr mit seinem gebrochenen Englisch. Abend kommen wir todmüde in der Mount Meru Game Lodge, einem Komplex aus 60er Jahre Jagdschloss, Holzhütten und Tiergehege an. Dort erwarten uns nur zwei weitere Hotelgäste und viele Tiere. Besonders beeindruckend die große Anzahl Ibise und Colobus-Affen. Weniger beeindruckend das Hotelzimmer. Weniger beeindruckend auch der Rückflug, diesmal mit Imprecision Air, der kurzerhand ausfiel und uns 7 grausame Stunden Wartezeit am Flughafen, samt Käfer und Moskitoattacken beschert hat.

Mittwoch, 15. April 2009

Tansanischer Regen



Erst denkt man Tagelang, die Regenzeit wäre nur ein Mythos, nicht mehr als ein Gerücht, konstruiert um die Touristen wenigstens für ein paar Wochen fernzuhalten oder um die Hoffnung auf kühlere Zeiten aufrecht zu erhalten. Dann, eines schönen Tages, zieht man seine besten schwarzen Riemchensandalen an, packt den wackeligen Mango-Regenschirm ein (S.K., warum hast du mich nicht davon abgehalten das Ding zu kaufen?! Reiner Schrott für 12,95 Euro) und entschließt sich heute mal keine Wasserfeste Wimperntusche aufzutragen, sondern die „normale“ und wird prompt von einem Regen biblischen Ausmaßes überrascht. Nein, es gibt keine Gullys hier, in die das Wasser abfließen kann. Und nein, meine Schuhe haben nicht überlebt. Die Straßen wurden zu Seen und Flüssen, die Grundstücke zu Schwimmbecken. Hausbesitzer verzweifelten, Shopbesitzer resignierten, Autos blieben stecken oder versanken zur Hälfte im Wasser. Nur wenige Stunden später keine Spur mehr vom großen Regen. Einige Pfützen vielleicht. Was blieb, war der Stau.

Donnerstag, 9. April 2009

Sansibar


Der Sansibar Ausflug schon ein paar Wochen her. Aber egal, wer sagt, dass ein Blog chronologisch sein soll? Also Sansibar: Da ist zum einen die Altstadt, bekannt für ihre vielen kleinen Gassen und wunderschönen Haustüren. Letztere wurden meist von ihren Besitzern ausgebaut und verkauft, um durch hässliche Haustüren ersetzt zu werden. Erstere sorgen zuverlässig dafür, dass jeder Tourist sich verläuft und eine leicht Variante der Klaustrophobie entwickelt. Die Frauen völlig verhüllt, auch die kleinen Mädchen tragen ein burkaähnliches Kopftuch, was sie wie kleine Gespenster erscheinen lässt. Orientalisch ist die Atmosphäre, sozialistisch der Zustand der Gebäude. Die Häuser sind sehr heruntergekommen, saniert wurden meist nur die Hotels. Schade ist es um dieses tolle Ensemble und Wut macht sich breit, dass niemand in der Lage ist, diesen Schatz zu erhalten. Ist man dem engen und quirligen Stone Town entkommen empfiehlt es sich in den Norden nach Kendwa Rocks zu fahren. Wir fuhren mit dem Wagen und wunderten uns über die leeren aber gut ausgebauten Straßen. Sehr sinnvolle Investition. Da hat doch tatsächlich mal einer ganze 20 Jahre im Voraus gedacht. Sehr angenehm auch die Polizeikontrollen alle 3 Kilometer. Hat man Führerschein und Versicherungspapiere dabei, muss man jedoch nichts befürchten. Der Bereich südlich des Dorfes Nungwi ist kaum von Ebbe und Flut beeinflusst, so dass man den ganzen Tag baden kann. In allen Reiseführern wird der Oststrand empfohlen aber dort konnten wir den ganzen Tag nicht ins Wasser weil grundsätzlich Ebbe war. Was für ein Paradies dann im Norden!

Freitag, 3. April 2009

Ankündigung 3: Heimatbesuch

So, nach nur 3 Monaten geht es wieder zurück nach Deutschland. Vom 25. April bis zum 17. Mai findet ihr mich entweder bei einem guten Italiener oder in einer Bäckerei (Hohe Trefferquote auch für DM).

Ankündigung 2: Safari Nr. 1

Der Osterausflug in den Norden nach Arusha ist geplant und gebucht. Ich fiebere meiner ersten Safari im Arusha-Nationalpark entgegen. Fotos wird es nicht geben, sollte meine Kamera nicht noch schnell die Fähigkeit zur Spontangenesung entwickeln. Ist vielleicht auch besser, wenn niemand festhalten kann, wie ungeschickte Safariteilnehmer in den Hippo-Pool fallen, weil ein Warzenschwein sie erschreckt hat.
Wie gut, dass es Ostern gibt. Überhaupt Feiertage. Hat so seine Vorteile, wenn Christen und Muslime friedlich zusammenleben (doppelte Anzahl an Feiertagen!). Und dass manche Staatsleute so verehrt werden (noch mehr Feiertage!). Mit ein paar Brückentagen sind theoretisch wochenlange Urlaube möglich. Erklärt auch die blühende Wirtschaft hierzulande. Nächste Woche: Sheikh Abeid Amani Karume Day

Ankündigung 1: Die Eselspost

Unglaublicherweise ist heute nach nur 5 kurzen Monaten mein Päckchen aus Deutschland angekommen! Inhalt: Weihnachtsgeschenke für Patrick. Und das nachdem ich schon neue Geschenke besorgt hatte. Glück gehabt: zwei mal Weihnachten für Herrn S.

Ab sofort Frühaufsteher



`Morgenstund hat Gold im Mund` ist ein Spruch den man aus meinem Munde nie hören wird. Dank zuverlässiger Langschläfergene (Danke Mama) bleiben mir normalerweise solche Sonnenaufgänge vorenthalten. Dank tansanischer Frösche mit sehr ausgeprägtem Organ, die sich diesen Spruch sehr zu Herzen genommen haben, blieb mir jedoch nichts anderes übrig als hellwach aus dem Bett zu kriechen und aus dem Fenster zu schauen. Die Übertäter blieben unentdeckt, ich wurde belohnt.

Mittwoch, 1. April 2009

Echtes Essen


In der Nähe des Büros gibt es einige sogenannte Wali-Places die offiziel als Restaurants bezeichnet werden. Man sitzt draußen auf Plastikstühlen an Plastiktischen mit Plastiktischdecken (oft Coca Cola gemustert) und nimmt sein Essen unter einem palmenblattgedeckten Dach von einem Metalltablett ein. Zum Essen wird meist nur ein Löffel gereicht (egal was man bestellt hat), einige Gäste essen auch einfach mit den Händen, die zuvor Blocksatzmit warmem Wasser gereinigt werden, wobei das Wasser von zweifelhafter Qualität ist. Zum Essen gesellen sich stets sehr viele "Freunde", also lästige Fliegen die ich in dieser Anzahl bisher nur im Kuhstall auf dem Bauernhof angetroffen habe. Nach einigem ausprobieren hat sich vor allem das Gericht Wali Mboga Mboga, also Reis mit Gemüse oder die Variation Pilau Mboga Mboga, also gewürzter Reis mit Gemüse als verträglich und zuweilen lecker herausgestellt. Mein absoluter all time favourite, auch weil die Sprachkenntnisse nicht ausreichen um etwas ausgefalleneres zu bestellen. Es ist nur eine Frage der Zeit bis ich das Zeug nicht mehr sehen kann, denn ich esse es jeden zweiten Tag.











Pilau Mboga Mboga


Related Posts with Thumbnails